Leitbild Marktplatz
Erarbeitung eines partizipatorischen Leitbildes für den Marktplatz Halle (Saale)
Der Marktplatz ist der wichtigste Platz der Stadt. Er ist belebt und beliebt, jedoch gibt er zugleich auch in vielfacher Hinsicht Anlass zu Kritik. Er kann für vielfältige Zwecke genutzt werden. Er ist historisch interessant und dient täglich mit den Marktständen zum Einkauf. Jedoch fehlen Toiletten, er ist bisweilen unsauber und ungeordnet. Ihm fehlen Schattenbereiche und Orientierung. Dieser Zustand soll verbessert und zugleich die Bedeutung des Marktes gestärkt werden. Hierbei mögen sich die Menschen, die Gewerbe betreiben, Gäste führen, diesen Platz bewirtschaften und verwalten, die dort leben und ihn besuchen nun direkt an der Erarbeitung eines Leitbildes und einer Nutzungsvereinbarung beteiligen, ja selbst mitgestaltend wirken.
Dafür wurde ein Werkstattverfahren (Charrette – „Sich selbst vor den Karren spannen“) gestartet, das im November 2024 begann und bis März 2025 dauern wird. Mit einer Auftaktveranstaltung am 4. November ging es los. 60 Interessierte nahmen teil und erarbeiteten erste Ideen. Der zweite Schritt war am 25. November 2024. Hier wurde es bereits konkreter: Es wurden Nutzungsmöglichkeiten des Marktes erörtert, konkrete Umsetzungsmöglichkeiten und ein erster Ansatz für ein Leitbild diskutiert.
Im Januar 2025 geht es weiter: Es folgt eine dritte Werkstatt (voraussichtlich 20.1.2025) sowie schließlich ein Forum Anfang Februar (voraussichtlich 3.2.2025), in welchem die Ergebnisse final behandelt werden. Danach wird diese Fassung des Leitbildes, der Nutzungs- bzw. Zielvereinbarung und Umsetzungsmöglichkeiten formuliert und für die Entscheidung im Stadtrat aufbereitet.
Rückblick:
In der ersten Werkstatt vom 4. November wurde zunächst in einer offenen Arbeit an 10 Tischen im Stadthaus zu drei Fragen – bezogen auf den Marktplatz – gearbeitet:
„Was ist für Sie WICHTIG?“
„Was STÖRT Sie?“
„Was WÜNSCHEN Sie sich?“
Auf dieser Grundlage, die von den Moderatoren, Prof. Dr. Harald Kegler, Dessau, und Dipl. Des. Christian Ackermann, Halle, zusammengefasst und aufbereitet ist, folgen dann die weiteren Konkretisierungen.
Die Resultate der ersten Werkstatt lassen sich wie folgt darstellen:
Ablauf der ersten Werkstatt:
- 1. Stufe Werkstatt (Charrette) – open space (drei Fragen: Wichtig, Kritik, Wunsch) – offene Liste
- 2. Stufe: Gruppenarbeit am Markt-Plan – extra dokumentier
- 3. Stufe: öffentliches Forum mit Fazit und Ausblick (nur verbal)
Spektrum der Beteiligten (60 Personen): Verwaltung (Stadtplanung, Wirtschaftsförderung), Stadträte, Stadtmarketing, Händler, Gewerbetreibende, interessierte Bürger, Gastronom, Stadtführerinnen, Geschichtsverein („Barocktor“), Eigentümervertreter (Kaufhof), Taxibetreiber, Architekten
Moderation: Prof. Dr. Harald Kegler, Dokumentation: Dipl.-Des. Christian Ackermann
Ergebnisse der ersten Werkstatt (z.T. Mehrfachnennungen):
Frage: Was ist WICHTIG?
vielfältige Nutzungen |
Vorgaben für Außengestaltung |
Chancen für Vieles |
nicht zubauen |
Lob für Markthändler |
„Es ist schön, hier Zeit zu verbringen“ |
Wochenmarkt soll weiter bestehen |
schönster/interessantester Markt Deutschlands |
eine Mitte schaffen
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Hallmarkt einbeziehen |
Taxiplätze erhalten |
Würde des Platzes |
„5-Türme-Blick“ |
Regelwerk für Nutzungen |
Umsteigemöglichkeiten |
schöne Gastronomie |
Erscheinungsbild |
„Ich will dort gern sein“! |
Markt = Aushängeschild der Stadt |
Toller, großer Platz! |
Kreative Zusammenarbeit |
Frage: Was STÖRT?
Gastro-Außenbild |
Beliebigkeit der Veranstaltungen |
(Platz ist) nicht repräsentativ
|
Abriss der Galerie vom Roten Turm (neu wäre wichtig) |
keine Toiletten für Händler und Nutzer |
keine Qualitäten |
Herz „Verliebt in Halle“ (wegnehmen Wunsch) |
kein Schatten, keine Bäume |
Kirchgemeinde ist nicht dabei |
Gastronomie ist nicht einladend |
Wasseranschlüsse fehlen
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Sauberkeit
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keine Anziehung für Gäste und Hallenser |
Einwohnerbeteiligung verstetigen |
Übersicht zu Veranstaltungen (Plan) |
ungeordnete Marktstände |
keine Gliederung des Platzes |
Stadtgrundriss durch fehlende Ostwand gestört (Rathaus |
Frage: Was sind WÜNSCHE?
gemeinsam Vorschläge entwickeln! |
Orientierungstafel |
Orientierungen für Blinde
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Miteinander reden und tun (nicht gegeneinander) |
Trinkwasserspender (mehr und besser) |
einen „schönen Platz wie im Süden“ (Europas)
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einheitliche Schirme zur Verschattung |
Infoportal für Veranstaltungen
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Klimawandel mitdenken
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Händeldenkmal würdevoll platzieren |
Fassadengrün |
Kneipenangebot
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Geschichte hervorheben |
Toiletten (mehrere und besser, kostenlos und betreut) |
Strukturierung des Platzes
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Lichtkonzept entwickeln |
Radweg markieren |
Leitsystem für touristische Zwecke |
Gestaltung eines beliebten Ortes (der Stadt) |
Räume gegen Hitze, Regen, Kälte
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Bewahren der Offenheit des Raumes
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Wasserlauf von der Leipziger Straße zum Händeldenkmal |
Weihnachtsmarkt dezentral (mit Altem Markt …) |
Ostwand schließen (Rathausseite) |
Spielplatz integrieren |
Umbauung Roter Turm (neu, Metallkonstruktion – „wäre doch mal was“) |
städtebaulicher Wettbewerb zur Ostwand mit historischem Rathaus |
Sichtachse zu den „5 Türmen“ |
Abendangebote schaffen |
Oasen schaffen (Klimawandel) |
„Aha-Effekt“ schaffen, verblüffen lassen |
Bäume integrieren (Klärung der Tiefbausituation) „Wasserwand“ (siehe Vorschlag Studenten aus Kassel für Halle-Neustadt am Markt integrieren, mündlich vom Stadtmuseum übermittelt) |
Streifengänge des Ordnungsamtes / Polizei für Ordnung
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Schattenspender („Pilze“ > siehe Swinemünde) |
neue Nachnutzung Kaufhof |
Beseitigen der Schmutzbereiche, Verwahrlosung (um die Kirche, am Roten Turm, an der Stelle der ehem. Börse) |
Dauerausstellung zu Halle mit Stadtplan integrieren |
besser platzierte Sitzmöglichkeiten (mit Schatten) |
Multifunktionalität des Platzes erhalten / verbessern
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Halle besser am Markt vermarkten |
allgemein: Angebote mit mehr Qualität
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Nutzung der Oberflächentemperatur des Platzbelages für Heizung / Elektroenergie für den Ratshof (regenerative Energie / Wärmepumpe) |
Infrastruktur verbessern (Elt, Wasser, … Mülleimer) |
mehr Ordnung / Sicherheit
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temporäre Verschattungen (Schirme) |
Veranstaltungsniveau verbessern |
städtebaulich historischen Platz fassen, Integration „Barocktor“ |
Sonnenschutz
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Wegeleitsystem und mit QR-Code versehen |
Intarsien im Boden für Grundrisserklärung (Rathaus, Marienkirche, „Barocktor“) |
Verbindungen/Orientierungen zu anderen Orten der Stadt aufzeigen |
Rundgang auf dem Markt mit Läden verbinden |
Wochenmarkt auch auf dem Hallmarkt
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mehr Farbe am Platz
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Die Ergebnisse werden zusammengefasst und aufbereitet. Sie bilden die Grundlage für den nächsten Schritt.
Parallel besteht die Möglichkeit, auch noch zu den drei Fragen aus der ersten Werkstatt Anregungen einzubringen. Alles wird dokumentiert und fließt in die weiteren Diskussionen ein. Zudem können Anregungen, Kritiken oder Ideen per mail eingebracht werden über folgende E-Mail: planen@halle.de
Auf dieser Internetseite kann der weitere Werkstatt-Prozess verfolgt werden.
Hintergrundinformationen zum Werkstattverfahren:
Anlass und Ziel
Der Marktplatz in Halle (Saale) erfüllt als ein besonderer Platz im Gefüge der Stadt vielfache Funktionen. Diese Multicodierung und die damit verbundenen funktionalen und Nutzungsprobleme sind Anlass für die Stadtverwaltung, respiktive den Stadtrat, wie dies in der Leistungsbeschreibung dargestellt wurde, über eine (Neu)Ordnung der Funktionen auf dem Marktplatz konzeptionell nachzudenken und dies mit einem übergreifenden Leitbild zu rahmen. Dies soll in einem partizipativen Prozess erfolgen, in welchen ein breites Spektrum an Akteuren der Stadt eingebunden werden soll. Zudem erscheint der Marktplatz – gerade aus der Besuchersicht – als ein diffuser Raum, der mit verschiedenen temporären Objekten vollgestellt wird, und damit eher den Eindruck eines zwischengenutzten raumes darstellt. Die hohe Frequenz der Passanten, die vor allem den Markt als Umsteigeort nutzen, erhöhen den Durchgangscharakter dieses auch städtebaulich zerrissen wirkenden, lückenhaften Raumes. Die Nutzungsqualität leidet darunter. Die vorliegenden Analysen der Stadtverwaltung dürften diese Einschätzung noch untersetzen und differenzieren. Andererseits handelt es sich beim Marktplatz um ein städtebauliches Ensemble mit europäischer Bedeutung, welche kaum spürbar ist. Zusammen mit dem Alten Markt und dem Hallmarkt gehört der Marktplatz zu einem einmaligen historischen Dreiklang des Städtebaus: In kaum einer anderen Stadt finden sich mit dem Gründungsort der Stadt (Alter Markt), dem Erweiterungsmarkt (Marktplatz) und dem Gründerzeitplatz (Hallmarkt, als Nachfolgeort der ursprünglichen Siedehäuser aus der frühen Entwicklungsphase der Stadt) die wesentlichen Epochen der Stadtentwicklung im Grundriss räumlich (und z. T. auch baulich) nahezu unversehrtem Zustand. Dieses Gesamtensemble bedarf offenkundig einer zusammenhängenden und abgestimmten Orientierung, wie sie mit dem beabsichtigten Leitbild auch erstellt werden soll. Für den Alten Markt gibt es dafür bereits einen im Jahr 2023 erarbeiteten Ansatz, der auch mit Akteuren erörtert worden war. Auch daran soll angeknüpft werden. Es geht also – über die funktionale Dimension – besonders auch um das Herausarbeiten der kulturell-historischen Bedeutung bzw. Sinngebung des gesamten Ensembles („Urbaner Dreiklang“).
Es geht aber auch noch um etwas mehr: Im Zusammenhang mit der Errichtung des Zukunftszentrums Deutsche Einheit und Europäische Transformation gewinnen die besonderen Orte in der Stadt, die für die Transformation in der jüngeren Vergangenheit, aber auch für die Zukunft von sichtbarer Bedeutung sind, einen zusätzlichen Stellenwert. Die drei Plätze repräsentieren in konzentrierter Weise wie kaum in anderen Innenstadtbereichen Transformationen mit europäischer Dimension. All das ist ablesbar, weitgehend gut erneuert und harrt einer vermittelnden Erschließung des Transformationsprozesses. Gerade dies ist im Zusammenhang mit dem Zukunftszentrum enorm wichtig. Insofern fungiert das „Dreiklang-Ensemble“ als Referenzraum der Altstadt-Transformation der Europäischen Stadt. Kriterien der urbanen Klima-Resilienz (z. B. Widerstands-, Anpassungs-, Handlungsfähigkeit, Redundanz), der städtebaulichen Raumkultur, der sozialen Chancengleichheit, der ökonomischen Tragfähigkeit oder der Repräsentativität der Stadt Halle (Saale) als Aushängeschild für die Stadt des Zukunftszentrums und als typisch europäische Stadt sollten erwogen werden. Denn: Auch das gilt es im Leitbild zu berücksichtigen, wenn es sich um eine längerfristig gültige Orientierung handeln sollte. Darüber hinaus sollte das Markensemble als ein Referenzraum für das Zukunftszentrum neben den beiden anderen für jeweilige Epochen typischen Referenzräumen, dem Zentrum Halle-Neustadt (Passage als Transformationsrepräsentant für die städtebauliche Moderne) und dem Riebeckplatz für den Umbau zu einem nachhaltigen urbanen Kommunikationsort angesprochen werden. Inwieweit dies in einem Ausblick und mit den Akteuren des Zukunftszentrums formulierbar sein wird, muss ergründet werden.
Das Leitbild und das funktional-räumliche Regelwerk (Zielvereinbarungen) sollen zugleich einen Prozess mit anstoßen, der das Leitbild mit Leben erfüllt und das Regelwerk wirksam werden lässt.
Vorgehen und Arbeitsstruktur
Fünf Schritte im Verfahren
Der Vorgehensweise liegt ein Modell einer Mehr-Ebenen-Erkundung für ein geeignetes Beteiligungsverfahren zugrunde.
- 1. Schritt FORUM: Nach der Anbahnung und Ermittlung der Akteurskonstellation und Zusammenstellung der differenzierten Beteiligungspartner auf der Ebene der Schlüsselakteure (resultierend aus Schritt 1) wird ein öffentliches Auftaktforum veranstaltet, bei dem über das Ziel, die Erwartungen, die zu erwartenden Ergebnisse, die Schrittfolge und zu klärende Verfahrensfragen diskutiert und beschieden wird. Dafür muss ein geeigneter Zeitpunkt und Ort gemeinsam mit dem Auftraggeber gefunden werden.
- 2. Schritt OPEN SPACE und WERKSTATT: Mit einem „Open Space“ – in angepassten Arbeitsformen – werden erste Anregungen der Öffentlichkeit ermittelt. Dies dient der Einstimmung in den Gesamtprozess und liefert zugleich erste Aufschlüsse über die weitere partizipatorische Vorgehensweise. Dabei werden auch die jeweiligen Ansichten und Ideen zum Verfahren ermittelt. Die Erkenntnisse des ersten Schrittes (Erfahrungen, Konzeptionen, Randbedingungen und Restriktionen für die Entwicklung des Marktbereiches einschließlich der Räume Alter Markt, Hallmarkt und ggf. Salzgrafenplatz) werden dann umrissen. Aus beiden Zugängen werden die Vorgaben und Möglichkeiten für das durchzuführende Beteiligungsverfahren abgeleitet. Die Bieter bringen in dieser Phase auch Vorschläge für Verfahren ein, die sich in der Vergangenheit bei vergleichbaren Prozessen als geeignet erwiesen haben (Charrette-Verfahren, Zukunftswerkstatt). Das Open Space-Verfahren ist bereits auch ein zu berücksichtigendes Verfahren. In diesem Schritt wird eine öffentliche Aktion (Mini-Charrette) auf dem Marktplatz durchgeführt, um unmittelbare Stimmen (Kritiken und Anregungen) der Passanten aufzunehmen. Umfang und Zeitpunkt werden abgestimmt. Insgesamt wird dazu eine Dokumentation erstellt und alles kommuniziert.
- 3. Schritt AUSWAHL: Erörterung der Resultate aus Schritt 2 und eines Sets an möglichen Verfahren, die geeignet erscheinen, die Aufgabe für die Erarbeitung des Leitbildes und Regelwerks zum Marktensemble in einem breiten öffentlichen Beteiligungsverfahren erfolgversprechend werden zu lassen. Die Auswahl des letztlich geeigneten Verfahrens erfolgt iterativ – entlang von Kriterien/Anforderungen aus dem Schritt 2. Die gewählte (mögliche) Verfahrenskombination wird dokumentiert. Sie bildet eine Grundlage für das Drehbuch.
- 4. Schritt PLANSPIEL-TEST: In einem zeitlich begrenzten PLANSPIEL (1,5 h) wird mit der Lenkungsgruppe (und ggf. zu beteiligenden weiteren Akteuren) das herausgefilterte Verfahren zur Erarbeitung des Leitbildes erprobt. Daraus können sich Erkenntnisse für den weiteren Prozess und die Ziele ableiten. Auch dies wird dokumentiert.
- 5. Schritt PRÄSENTATION: In Abstimmung mit dem Auftraggeber/Lenkungsgruppe werden die Ergebnisse zur Verfahrenswahl und der ggf. präzisierten Zielstellung vor Stadträten präsentiert und diskutiert. Danach wird – zusammen mit der Lenkungsgruppe – endgültig die weitere Vorgehensweise festgelegt.